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Erdgeschichte
Der Frances Lake liegt auf einer Höhe von 730 m ü. M. in der
Senke des Tintina Trench, eines 1500 Kilometer
langen Grabenbruchs der
sich von Prince George (B.C.) über Watson Lake bis nach Dawson City
hinzieht. Der Graben begann sich vor rund 65 Millionen Jahren zu bilden
als Folge der tektonischen Erdplattenverschiebung. Dabei wurden während
Millionen von Jahren diverse Mineralien ausgewaschen und in den
Flusssedimenten angereichert, so unter anderem die grossen
Goldvorkommen, die schliesslich im ausgehenden 19. Jahrhundert den
epochalen Klondike Goldrausch ausgelöst haben. Doch solch grossräumige
geologische Linien sind immer auch wichtige Korridore für die Migration
von Pflanzen und Tieren, sei es die evolutionäre Ausbreitung von Arten
im Laufe der Zeit oder kurzfristige Wanderbewegungen wie zum Beispiel
die alljährlichen Vogelzüge. Die einzigartige Kombination von
geologischen, topographischen und klimatischen Faktoren hat dazu
geführt, dass der Frances Lake, als grösster See im Südost-Yukon, eine
der biologisch produktivsten Regionen des Territoriums darstellt, was
sich in einer grossen Tier- und Pflanzenvielfalt ausdrückt.
Die heutige
Oberflächengestalt der
Region wurde allerdings — im
geologischen Zeitmassstab gesehen — erst vor kurzem geschaffen.
Massgebend dabei war die starke Vergletscherung während der
verschiedenen Eiszeiten der letzten 2 – 3 Millionen
Jahre. Unzählige
Gletschervorstösse und Rückzüge haben die grossen Täler geschaffen,
aber erst die Schutt- und Moränenablagerungen der letzten Eiszeit (mit
Höhepunkt vor rund 20'000 Jahren) haben die heutige
Detail-Topographie geprägt. Der Frances Lake ist ein typischer
Gletscherrandsee, dessen
Becken durch das fliessende Eis ausgeschürft wurde. Die Seiten- und
Endmoränen des Gletschers bildeten einen natürlichen Damm entlang der
Seiten und an der Gletscherfront, dem heutigen Seeende. Kleinere
Gletschervorstösse während der generellen Rückzugsphase gegen Ende der
letzten Eiszeit (vor 10'000 Jahren) markieren die
diversen Seeverengungen, wie z.B. die Halbinsel bei der Lodge.
Schliesslich
haben gewaltige Sand- und Schuttablagerungen der schwindenden Gletscher
insbesondere im unteren Bereich des Ostarms (zwischen den beiden
Narrows) die heute so attraktive, weitverästelte Uferlinie geschaffen
mit unzähligen Buchten, kleinen Nebenseen, Inseln und Hügeln. Doch die
Zeit bleibt nicht stehen und auch heute noch wird der See ständig
weitergeformt. Am augenfälligsten ist wohl die markante Deltabildung
diverser Zuflüsse (z.B. bei der Bootsrampe), die mit ihrem
Geschiebetransport in wenigen tausend Jahren den langen grossen See in
eine Seenkette unterteilen werden. Der Finlayson River hat diesen
Schritt praktisch schon gänzlich vollzogen und den oberen Six-Mile Lake
vom restlichen Frances Lake Westarm abgetrennt.
Heute ist die Region um den Frances Lake geprägt von ausgedehnten
Borealen Nadelwäldern (Fichten und Föhren)
und insbesondere an
schattigen Standorten ist Permafrost (ganzjährig
gefrorener Boden)
weitverbreitet. Dies führt zu lokal sehr unterschiedlichem
Vegetationsbewuchs mit gegen 30 Meter hohen Fichten an sonnigen
Seeufern bis hin zu kaum mannshohen Krüppelbäumen an schattigen
Steilhängen. Auch die periodisch auftretenden Waldbrände
tragen das
ihre bei zum bunten Mosaik des Waldbestandes, indem nach grossen Feuern
primär zuerst diverse Laubbäume wieder aufkommen (Birken, Espen,
Pappeln, Weiden) und erst im Laufe der Jahrhunderte der vollentwickelte
Fichtenwald wieder langsam überhand nimmt.
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Erste
Menschen
Verschiedene archäologische Funde am See zeugen
von menschlicher
Präsenz seit mindestens 1500 bis 2000 Jahren. Diese frühen Menschen am
Frances Lake waren die Tu Cho, ein Stamm der Kaska-Indianer.
«Tu Cho» bedeutet «Grosses Wasser» und war der
traditionelle
Name des Frances Lake. Den Frances River nannten sie «Tu Cho Tua», was
«Grosses Wasser
Fluss» heisst. Für sie war der See ein wichtiges Fisch- und Jagdgebiet.
Die Indianer (heute First Nations genannt) unterhielten kein
permanentes Dorf am Frances Lake, sondern besuchten
hier ihre
traditionellen, temporären Fisch-Camps. Sie folgten im Jahresrhythmus
den Tieren sowie essbaren Pflanzen und Beeren. Ihre Jagd- und
Wanderrouten führten sie entlang des Frances River zum Frances Lake und
weiter bis zum Finlayson Lake. Während dem Sommer und im Winter hielten
sie sich in tieferen Lagen entlang der Gewässer auf um zu fischen und
um Fallen zu stellen. Im Herbst waren sie bei der Suche nach Karibus
und Bergschafen in der Gebirgsregion der Mackenzie Mountains unterwegs.
Dieser nomadisierende Lebensstil war charakteristisch für die Indianer
bevor die weissen Siedler kamen. In Folge des aufkommenden Pelzhandels
und dem Beginn einer Abhängigkeit von Handelsgütern liessen sie sich
immer mehr in der Nähe von Handelsstationen und Siedlungen nieder.
1840
Weisse Entdecker
Auf der Suche nach einer Handelsroute ins Innere des Yukon gelangten
der stämmige Schotte Robert Campbell (1808-1894)
und sein
Entdecker-Team im Sommer 1840 als erste weisse Menschen in die Gegend
des Frances Lake. Im Auftrag der englischen Pelzhandelsgesellschaft
Hudson's Bay Company folgten die Abenteurer den Flüssen Dease, Liard
und Frances hinauf bis zum Pelly und schliesslich hinunter zum Yukon
River. Robert Campbell benannte entlang dieser neu entdeckten Route
viele Seen, Flüsse und Berge mit Namen, wie wir sie heute auf der
Landkarte finden. So beschrieb er auch als erster den Frances Lake und
benannte ihn nach Lady Frances
Simpson, der Frau des langjährigen Gouverneurs der Hudson's Bay
Company, Sir George Simpson.
1842 – 1851 Erster Handelsposten im Yukon
Zwei Jahre später (1842) eröffnete Robert Campbell für die Hudson's
Bay Company (HBC) am Frances Lake den ersten
Handelsposten im
heutigen
Yukon Territorium. Der Posten auf der Westseite der Narrows beim
Zusammenfluss von Ost- und Westarm wurde Glenlyon House oder Fort
Frances genannt. Die Indianer lieferten Pelze und erhielten im Tausch
dafür Munition, Werkzeuge und Stoff. Für 10 Jahre war der Frances Lake
Teil der HBC-Handelsroute ins Innere des Yukon.
Die Route wurde aber
bald wieder aufgegeben, weil die Stromschnellen des Liard und Frances
Rivers zu viele Menschenleben forderten, die Versorgung des Postens mit
Lebensmitteln äusserst schwierig war und andere einfachere
Handelsrouten (Mackenzie – Rat – Bell – Porcupine – Yukon River)
entdeckt wurden. Auch Unstimmigkeiten mit verschiedenen
Indianer-Stämmen wegen der Gefährdung ihres alteingesessenen
Handelsmonopols führten zum Ende der Handelsroute.
1887 Entdeckungsreise eines Wissenschafters
George Mercer Dawson (1849-1901) war
ein
vielbegabter kanadischer
Wissenschafter (Geologie & Paläontologie) und hervorragender
Mensch. In den 1870er Jahren führten ihn ausgedehnte
Vermessungsarbeiten zur Bestimmung der internationalen Grenze zwischen
Yukon und Alaska in den Norden. Voraussehend, dass man im Yukon bald
grössere Mengen Gold finden wird, leitete er im Jahr 1887 für die
Regierung eine Expedition in den Norden um die ersten Karten zu
erstellen. In weiten Teilen folgte er dabei Campbell's Reiseroute und
kam dabei auch am Frances Lake vorbei. Seine naturwissenschaftlichen
Beobachtungen über die Geologie, Bodenschätze, Pflanzen, Tiere und
Bewohner beschrieb er im umfassenden Dawson Report.
Darin schreibt er:
«Wenige
Seen, die ich gesehen habe, übertreffen die natürliche Schönheit des
Frances Lake.
Und die Landschaft im Ostarm, grenzend an die Too-tsho Range, ist
einzigartig.»
1898 Goldsucher auf der Durchreise
Während dem Klondike Goldrausch passierten einige hundert Goldsucher
den Frances Lake auf ihrem Weg nach Dawson City. Diese Route von Dease
Lake, entlang dem Liard und Frances River zum Frances Lake, weiter zum
Pelly River und dann den Yukon hinunter wurde auch als «All Canadian
Route» bezeichnet.
1930 Aufenthalt und Goldfunde von Anton Money
Anton Money war ein englischer Goldsucher und Abenteurer, der um 1930
an den Frances Lake kam und Gold fand. Er lebte hier für einige Jahre
mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn. In seinem Buch This
was the North schilderte er sein einfaches Leben, lobte die
Herrlichkeit und
den Frieden der Wildnis. Er beschrieb seine Gefühle von Freiheit,
Unabhängigkeit und der Befriedigung, seine Pläne ohne fremde Hilfe in
die Tat umsetzen zu können.
1934 – 1949 Zweiter Handelsposten der HBC
Ein zweiter Handelsposten wurde auf der gegenüberliegenden Halbinsel
des verlassenen ersten Postens erbaut. Neben dem Pelz- und Güterhandel
diente er als Wetter- und Funkstation für den Flugverkehr im Zweiten
Weltkrieg. Mit dem Bau des Alaska Highways (1942) verlor der
Handelsposten aber rasch an Bedeutung. Ebenso
erlahmte das Interesse
der Indianer am Fallenstellen, der
Handelsgrundlage mit der HBC. Der
Strassenbau und die allgemeine Entwicklung nach dem Krieg schufen viele
Arbeitsplätze im Yukon und die Lebensbedingungen, sowohl für Weisse wie
auch First Nations, wurden markant verbessert. Mit der Schliessung des
Handelspostens zogen die meisten Menschen weg und der Platz verwaiste.
Heutzutage sind noch Gebäudestrukturen und Grabstätten aus dieser Zeit
zu sehen, die noch von der Präsenz der Pelzhändler und First Nations
zeugen.
1942 Reisebericht einer Familie
William Hamilton und Ruth Albee beschreiben in ihrem Artikel A
Family
Afoot in Yukon Wilds im renommierten National
Geographic
Magazine ihre
Reise zu Fuss von Watson Lake zum Frances Lake und retour. Auf dieser
monatelangen Wanderung nahmen sie ihre Kinder Billy (8-jährig) und
Jo-Evelyn (5-jährig) mit und lebten grösstenteils von der Natur. Ihr
Reisebericht und die Fotos die sie beifügten zeichnen ein interessantes
Bild der Region vor 70 Jahren.
1968 Fertigstellung Campbell Highway
Mit dem Bau des Campbell Highway, der parallel zu Robert Campbell's
Entdeckerroute von 1840 verläuft und ihm zu Ehren benannt ist, wurde
der Frances Lake erstmals über eine Strassenverbindung erreichbar.
Diese Strasse ermöglichte es, die reichen Mineralvorkommen am und um
den See zu erforschen. Zu einem kommerziellen Erzabbau kam es — u.a.
wegen der langen Transportwege — zu unserem Glück nie. Während dieser
Zeit liessen sich diverse Leute hier nieder. Vor allem in den frühen
1970er Jahren war deshalb viel Betrieb am See, etwas das wir uns heute
gar nicht mehr vorstellen können. Denn abgesehen von den heutigen
Lodge-Besitzern hat niemand mehr festen Wohnsitz am See.
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Lodge-Geschichte
1968 kam der aus Dänemark stammende Kurt Hansen
mit seiner Frau Yoshi
an den See. Sie setzten den Grundstein für die heutige Lodge und bauten
für sich privat drei Häuser. So entstand die Hauptlodge und das kleine
A-Frame Cabin (Schwedenhäuschen).
Zudem wurde ein original Hudson's Bay
Cabin Stamm für Stamm zerlegt, vom verlassenen Handelsposten über den
See zur Lodge geflösst und hier neu aufgebaut.
Dieses historische Bay
Cabin steht heute schön renoviert als attraktives Gäste-Blockhaus zur
Verfügung.
Ab 1985 war der aus der Schweiz ausgewanderte Edi Festel der neue
Besitzer des Platzes und begann die Lodge touristisch zu nutzen. Die
Frances Lake Wilderness Lodge sowie geführte Kanu- und Wandertouren in
der Region waren mit unter den ersten Wilderness-Tourismusangeboten im
Yukon. Auch die langjährigen Betriebsleiter, Elfie und Markus Lenzin,
trugen dazu bei der Lodge ihren einmaligen, heute noch vorherrschenden
Charakter zu verleihen. Es war eine sehr aktive Zeit und mit Hilfe
verschiedener Angestellten wurden drei weitere Gästeblockhäuser sowie
einige grössere und kleinere Betriebsgebäude erbaut (Sauna, Werkstatt,
Angestellten- und Besitzerwohnhaus).
Von 1999 bis 2007 waren das ebenfalls aus der Schweiz stammende Ehepaar
Andrea und Christoph Altherr mit ihren beiden Töchtern die Besitzer der
Lodge. Sie führten Bewährtes erfolgreich weiter und vertieften die
internationalen Marketing-Beziehungen.
In ihrer Epoche hielt auch die
Satellitenkommunikation auf der Lodge Einzug und eine Internet Webseite
wurde
erstellt. Der Waldbrand im Jahre 2004, der gefährlich nahe an die Lodge
heran kam, war ein prägendes Ereignis dieser Zeit.
Seit 2008 gehört die Lodge Andrea und Martin Laternser. Auch sie kommen
ursprünglich aus der Schweiz und führen den Lodge-Betrieb nach
altbewährter Manier weiter. Mit dem Bau des neuen
Selbstversorger-Blockhauses auf der anderen Seite der Halbinsel haben
sie die Frances Lake Wilderness Lodge um ein interessantes Angebot
erweitert. Eine detaillierte Bildergeschichte
dokumentiert den gesamten
Blockhausbau auf eindrückliche Art und Weise.
Weitere Informationen und interessante Bilder zur Lodge-Geschichte
vermittelt der Newsletter vom April
2015 zum 30-jährigen Lodge-Jubiläum.
Literaturhinweise:
Campbell of the Yukon, Clifford Wilson, Macmillan, Toronto, 1970
Dawson Report, The Yukon Historical and Museums Association, 1887
Prelude to Bonanza, Allen A. Wright, Studio North Ltd., 1992
This was the North, Anton Money, General Publishing Co. Ltd., Toronto,
1971
A Family Afoot in Yukon Wilds, The National Geographic Magazine, May
1942
Frances Lake Wildlands Study, Canadian Parks and Wilderness Society –
Yukon, 1997
The Yukon Fact Book, Mark Zuehlke, Whitecap Books, 1998
Yukon – Places and Names, R.C.Coutts, Moose Creek Publishing, 1980
Yukon Heritage (http://www.yukonheritage.com)
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